Bei der Osternachtfeier sieht man das Licht eines neuen Tages dämmern – Symbol für die Auferstehung
Nur einmal im Jahr wird auf dem Platz vor der Kirche ein Feuer entzündet. Nur einmal im Jahr tasten sich Gottesdienstbesucher vorsichtig im stockdunklen Kirchenschiff zum Sitzplatz vor. Nur einmal im Jahr wird, von der Osterkerze ausgehend, das Licht nach und nach im Kirchenraum weitergereicht. Nur einmal im Jahr sieht man den dunklen Himmel hinter den Kirchenfenstern langsam grau und dann hell werden. Einmal im Jahr kann man das in der Osternacht, der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag, erleben.
Dank eines umsichtigen und engagierten Teams sogar während einer Pandemie. Mit Maske und Abstand, aus Sicherheitsgründen verkürzt, ohne Singen und ohne das eigentlich zentrale Abendmahl, dafür wie immer mit dem Läuten der Glocken, die tagelang geschwiegen haben und dem ersten jubelnden Halleluja seit Beginn der Fastenzeit – und durch wunderbare musikalische Begleitung zu einem Erlebnis werdend, das besonders kostbar erscheint, weil es schon wieder auf der Kippe stand.
Nur eine Stunde
"Wachet und betet" – lautet die Aufforderung von Jesus an seine Jünger im Garten Gethsemane, kurz vor seiner Verhaftung. Dort beginnt der Leidensweg Christi, dessen in den Ostertagen gedacht wird. Manche Gemeinden folgen in ihrer Osternacht diesem Aufruf durch die ganze Nacht, das ist in diesem Jahr nicht erlaubt. Auch die Osterfeiern am frühen Morgen des Ostersonntags dürfen nicht länger als eine Stunde dauern, mit viel Hin und Her und langen Überlegungen haben die Engagierten in der Hersbrucker Stadtkirche Präsenzgottesdienste am wichtigsten Fest im Kirchenjahr möglich gemacht.
Still beginnt um halb sechs Uhr morgens die Osterfeier in der losen Runde um das flackernde Osterfeuer, wichtiges Element der Lichtfeier, die das Überwinden der Dunkelheit symbolisiert, ebenso wie die Osterkerze, die am Feuer entzündet wird und der die Gottesdienstbesucher mit gebührendem Abstand in die dunkle Kirche folgen. Das Licht wird von Helfern von Bank zu Bank gereicht, der Raum von warmem Licht erfüllt.
Später werden auch die Kerzen am Altar angezündet, der feierlich und sehr behutsam vom zugeklappten Zustand der vorösterlichen Zeit in die aufgeklappte Form der Osterzeit "gewandelt" wird. Hell lässt das Kerzenlicht das goldene Gesprenge am Altar aufleuchten, weich legt es sich auf die Wange des Christus auf dem Palmesel im Chorraum.
"Christus ist das Licht!" klingt es hell von der Empore herab. Dort sitzt Kantorin Heidi Brettschneider an der Orgel und hat einen Projektchor, eine "Schola" um sich versammelt, die den Gläubigen im Kirchenschiff, die nicht singen dürfen, ihre Stimmen leihen. Die Wechselgesänge der Liturgie wie anrührend arrangierte Choräle bringt die "Schola" zu Gehör, mit klaren Stimmen, vollem Klang trotz weniger Sänger und Sängerinnen und sogar Percussion. Denn die Osterfeier ist ein Freudenfest, deswegen darf auch am Ende der Ansprache der Osterwitz und das Osterlachen nicht fehlen.
Pfarrer Gerhard Knodt leitet das Team und die Gemeinde durch die Kurzversion einer Osternacht mit Lesungen, Fürbitten und der Tauferinnerung. Sie gehört zur Osterliturgie – das Versprechen der Zugehörigkeit zu Gott, das bei den meisten Menschen die Eltern stellvertretend bei der Taufe abgelegt haben, erneuern die Gemeindeglieder in dieser Feier.
Stein mit acht Ecken
Die acht Ecken des Taufsteins, an dem Pfarrer Knodt das symbolbehaftete Wasser in die silberne Schale plätschern lässt, wird ihm zum Anlass für seine Ansprache. Ein "Oktogon", ein Achteck, wie es auch manche Taufkirche als Grundriss hat, erinnert an die Bedeutung der Zahl Acht in der christlichen Zahlensymbolik: Sie steht für Auferstehung. So erinnert auch der Taufstein in der Stadtkirche an die Möglichkeit eines Neuanfangs.
Inzwischen ist es hell geworden, das letzte triumphierende Halleluja ertönt, die Orgel zeigt noch einmal, was in ihr steckt und dann geht es hinaus in einen immer noch taufrischen Tag.
Copyright (c) 2021 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 07.04.2021