Gospelchor Sound of Joy überzeugt in der Stadtkirche mit gewohnter Klangfülle und geht manchmal etwas zu sehr in die Vollen
Volles Haus und große Begeisterung: Hersbrucks Gospelchor "Sound of Joy" brachte Ralf Grösslers Symphonische Rhapsodie "Our Father in heaven" über ein Spiritual fulminant zu Gehör. Mit von der Partie waren ein Projektorchester und die Vokalsolistin Agnes Lepp.
Die Rhapsodie, ein groß angelegtes Werk in vier Sätzen, orientiert sich dramaturgisch am "Vater unser", das Spiritual "Sometimes I feel like a motherless child" dient als musikalischer Impuls und durchzieht das Stück als roter Faden. Der Text steht für das eigentliche Thema: die Verlorenheit des Einzelnen in der Menge der Vielen, das Ausgeliefertsein an die Ansprüche der modernen Gesellschaft, an Stress und Hektik.
Mit seiner vielfarbigen Partitur – nebst Streichern je drei Trompeten und Posaunen, eine (einsame) Oboe, dazu Vibraphon, Pauken, Schlagzeug und Klavier – schafft sich Grössler reichlich Möglichkeiten, das menschliche Drama nachzuzeichnen, und er tut dies ausführlich und raumgreifend. Erst im dritten Satz keimt die Hoffnung auf einen Ausweg auf: die gegenseitige Vergebung von Schuld.
Dramatische Chornummern, häufige Stimmungswechsel zwischen wiegendem Schönklang und rhythmisch betonten, oft aggressiven Phasen, berührende Vokal-Soli: Von allem ist reichlich vorhanden. Dekanatskantorin Heidi Brettschneider sorgte wie stets für einen reibungslosen Ablauf, Agnes Lepp brillierte mit ihrer flexiblen Jazz-Stimme, es gab beeindruckende Instrumental- Soli, beispielsweise von Vibraphon und Oboe.
Voller Energie
Der Chor, bestens vorbereitet, sang energiegeladen, den englischen Text gut artikulierend und konzentriert bis zum Schluss – nach eineinhalb Stunden "Standfestigkeit" nicht so selbstverständlich. Das Projektorchester bewies Kompetenz und Qualität. Soweit alles wunderbar.
Doch eine kritische Anmerkung sei gewagt: Für einen rund hundertköpfigen Chor ist es schwer, den inneren Zustand eines Einzelnen glaubhaft darzustellen. Und: Wenn manche Bläser der Versuchung nicht widerstehen können, ihre Big-Band-Qualitäten auszuleben, dann wird's halt laut. Zuviel Dezibel erzeugt bekanntlich Stress. Die im Programm angesprochene Suche nach einem Ort der Stille ist also noch nicht abgeschlossen.
SUSANNE PFLAUMER
Copyright (c) 2019 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 16.10.2019