Kirchenväteraltar: Führung mit Daniel Hess vom Germanischen Nationalmuseum
HERSBRUCK – Sein Name ist untrennbar mit Hersbruck verbunden: Der Kirchenväteraltar in der Stadtkirche. Daher stand er bei der Kirchenführung diesmal im Mittelpunkt. Dazu hatte der Kirchbauverein Daniel Hess eingeladen, Stellvertreter des Generaldirektors des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg.
Einem höchst aufgeschlossenen Zuhörerkreis zeigte er die ganze Spannweite der Wandlung des Altars auf. Im geschlossenen Zustand wirken vier Tafeln mit Szenen aus dem Marienleben auf den Betrachter, einmal aufgeklappt wird auf acht Tafeln die Passionsgeschichte gezeigt und zweimal aufgeklappt wird der Schrein mit den Holzskulpturen von Maria und den vier Kirchenvätern mit zwei Tafeln von der Geburt Jesu und dem Tod Mariens eingerahmt.
Gewalt der Passion
Hess erläuterte nicht nur den biblischen Hintergrund und die Einbeziehung mittelalterlichen Glaubenslebens in die Gemälde, sondern wies auch auf eine Reihe von Details hin, wie zum Beispiel die realistische Darstellung der Gewalttätigkeiten auf den Passionsbildern. Auch die Erfassung zeitgleicher Ereignisse kurz vor oder nach der jeweiligen Szene war den meisten Betrachtern bislang verborgen geblieben.
Keine Archivquellen
Weil keinerlei Archivquellen über den Auftraggeber und die Künstler zur Verfügung stehen, konnte man sich der Entstehungsgeschichte des Meisterwerks nur mit vergleichenden Untersuchungen annähern.
Die Malereien sind entweder direkt auf Nadelholz oder eine auf die Holztafeln geklebte, grundierte Leinwand aufgetragen worden, so Hess. Nicht nur wegen der unterschiedlichen „Handschriften“, sondern auch wegen der Dimensionen des Altars ist von mehreren Meistern innerhalb eines Werkstattverbunds auszugehen, die nebeneinander oder hintereinander über Jahre hinweg an den Tafeln und den Figuren aus Lindenholz arbeiteten, mutmaßt er.
Bildschnitzer wie Maler waren in Bamberg tätig, zu dessen Bistum auch Hersbruck gehörte. Die Szenen der Geburt Jesu und des Marientods stammen vom Hauptmeister, dem in Mittelfranken viel beschäftigten Wolfgang Katzheimer. Die Entstehungszeit des Altars bewegt sich um die Jahre von 1480 bis 1485, erzählte Hess. Beeindruckt von der mit Begeisterung vorgetragenen Altarführung werden die Kirchenbesucher künftig noch aufmerksamer auf die Malerei und die Figuren dieses Kleinods blicken, war von einigen zu hören. Der Kirchbauverein hofft derweil, dass viele Hersbrucker ihn in seinen Bemühungen um den Erhalt der Stadtkirche weiter unterstützen wie zum Beispiel bei der Restaurierung der Ölberggruppe, einem rollstuhlfreundlichen Kirchenzugang und einem neuen, bebilderten Kirchenführer, an dem Hess als Autor ebenfalls mitarbeitet.
Bild oben: Vor einer interessierten Zuhörerschar erläuterte Daniel Hess (rechts, im Hintergrund) Details zum Hersbrucker Kirchenväteraltar. Foto: privat
Copyright (c) 2018 Verlag Nuernberger Presse, Hersbrucker Zeitung, Ausgabe 13.03.2018