Ökumenische Aktion startet am Sonntag: Um 9 Uhr gibt es ein fünfminütiges Festgeläut in allen Kirchengemeinden – Viele Ideen sind im Entstehen
"Die Frage ist, wie wir Gemeinschaft stiften können, ohne diese im direkten Kontakt zu leben", sagt Dekan Tobias Schäfer. Und hier sprudeln die Ideen in den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden.
Zuerst stand laut Schäfer im Dekanat Hersbruck im Raum, sich dem "italienischen Style" mit einer Aktion in den Abendstunden anzuschließen – und zwar in Form eines zusätzliches "Gebetläutens" um 19.55 Uhr – ein "Hoffnungsläuten vor den Nachrichten für den Zeitraum ohne Gottesdienste", wie es Schäfer beschreibt. Doch dieser Zeitpunkt sei eben schon durch Klatschen, Balkonsingen oder anderes belegt. Außerdem ist in "einigen Gemeinden tatsächlich auch schon regulär um 19.55 Uhr das Gebetsläuten" zu hören. Und: "Ein zusätzliches Gebetsläuten bräuchte eine gute Begründung." Damit war diese Idee rasch vom Tisch – zumal sich ein Zusammenwirken mit der katholischen Kirche auftat.
Diese verfüge eh schon über festes Gebetsläuten, was weiter wie gewohnt Bestand haben solle. Aber ein Extra-Hinweis, der wäre gut. Daher einigten sich Dekan Schäfer, Hersbrucks Pfarrer Wunnibald Forster und der leitende Pfarrer des katholischen Dekanats Pegnitztal, Stefan Alexander, auf Folgendes: "In ökumenischer Verbundenheit während der Krisenzeit" wird es ab sofort an den christlichen Sonn- und Feiertagen ein fünf Minuten langes Festgeläut aller katholischen und evangelischen Kirchen geben. "Das wird sicher ein beeindruckender Klang." Schäfer betont: "Nur weil die Glocken wie zum Gottesdienst läuten, wird dennoch keiner stattfinden." Das Läuten am Sonn- und Feiertag um 9 Uhr sowie am Gründonnerstag um 19 Uhr – an Karfreitag und Karsamstag schweigen die Glocken – solle nur daran erinnern, "dass wir eigentlich an diesen Tagen als Gemeinden Gottesdienst feiern würden".
Und die Glocken sollen eine Handreichung sein, dass Gemeinschaft auch im Kleinen gelebt werden könne – in Form einer Hausgemeinde. Schäfer denkt, man könne in diesen fünf Minuten als Familie innehalten, ein Votum, Bibelwort, Vaterunser oder Segensgebet sprechen oder einfach nur still lauschen. Liturgische Entwürfe sind auf der Internetseite des Dekanats zu finden, stellt er in Aussicht. Diese ökumenische Aktion findet er "eine gute Idee, die vor allem technisch leicht umsetzbar ist". Denn an kreativen Eingebungen mangle es den Pfarrern derzeit nicht. "Wir sind viel am Ausprobieren, auch wie wir unsere dienstliche Normalität aufrechterhalten können."
Feuer und Flamme
Etliche Kirchengemeinden prüfen Youtube-Formate oder die Möglichkeit von Handzetteln für die Kirche, die die "Laufkundschaft" dann mitnehmen könne. Aus Förrenbach habe Schäfer gehört, dass überlegt wird, ob nicht jeder in seinem Garten ein kleines Osterfeuer macht, um so Gemeinschaft zu erfahren.
Diese möchten Lydia Kossatz und ihre Kollegen im Albachtal ab Sonntag beim täglichen Abendgebet mit Kerze bei sich zu Hause stiften: In Happurg, Thalheim und Alfeld läuten dazu um 20 Uhr, in Kainsbach um 18 Uhr und in Förrenbach um 19.30 Uhr die Glocken. Die Mitglieder der Posaunenchöre werden aus ihren Fenstern sonntags dazu musizieren. "Der aktuelle Ablauf des Abendgebets liegt in den Kirchen aus und ist auf die Homepage der jeweiligen Kirchengemeinde eingestellt", ergänzt Kossatz.
In Förrenbach, Thalheim und Alfeld ist zudem das Gotteshaus von 9 bis 19 Uhr auf. "Wir bitten darum, die ausgehängten Hygieneregeln zu beachten", bekräftigt Kossatz. Außerdem werden in Förrenbach die Glocken geläutet am Sonntag um 10.10 Uhr zum Vaterunser, das um diese Zeit im Gottesdienst gesprochen werden worden wäre, so Kossatz. In Offenhausen tüfteln Ann-Sophie und Martin Hoepfner für Karfreitag und Ostern an einem "coronatauglichen Alternativprogramm". Außerdem versorgen sie alle Gläubigen auf der Facebook-Seite der Kirchengemeinde täglich mit einer guten Nachricht.
In der Reichenschwander Kirche stehen jeden Tag von 9 bis 18 Uhr Gebetsbuch und -wand sowie Kerzen zum Anzünden zur inneren Einkehr bereit. Kommende Woche plant das Familiengottesdienst-Team, den Kirchenraum mit Stationen zum diesjährigen Fastenmotto "Zuversicht" zu gestalten: "Solange es den Menschen möglich ist, in die Kirche zu kommen, können sie Zuversicht mit nach Hause nehmen", findet Pfarrerin Lisa Weniger. Außerdem wird sie jeden Sonntag eine Andacht aus der Kirche auf der Homepage veröffentlichen.
"Wir haben uns dem Aufruf der EKD angeschlossen, jeden Abend um 19 Uhr in unseren Gärten, auf den Terrassen oder vor der Haustür "Der Mond ist aufgegangen" zu singen oder zu musizieren", ruft sie zum Mitmachen auf. Auch der Posaunenchor sei seit Mittwoch dabei.
"Verschiedene alternative Projekte eines lebendigen Gemeindelebens sind in Form einer Ideenbörse in Arbeit", schreibt Pfarrer Björn Schukat. Eine Umsetzung in Alfalter, Vorra und Artelshofen werde noch etwas dauern: "Für uns alle ist diese Ausnahmesituation äußerst gewöhnungsbedürftig."
Gedanken im Netz
Auch Pommelsbrunns Pfarrer Johannes Schroll und sein Team "arbeiten derzeit an Konzepten, wie wir trotz der Maßnahmen eine gottesdienstliche Gemeinschaft – etwa durch Livestream oder Lesegottesdienste für zu Hause – aufrechterhalten" können. Altensittenbachs Pfarrer Gerhard Metzger hält seine "täglichen Gedanken in einer schwierigen Zeit" auf der Homepage fest. Die Kirchengemeinde Hartmannshof denkt an die jungen Gläubigen und verweist auf www.kinderbibel.tv als Ersatz für Kindergottesdienst.
Ebenfalls digital ist die Kirchengemeinde Velden unterwegs: Der Gemeindebrief ist in nächster Zeit nur in der Onlineversion verfügbar. Die Pfarrer Christian Simon und Martina Berthold nutzen das gleich zu einem Aufruf: "Rufen Sie doch Nachbarn und (Groß-)Eltern an und lesen Sie ihnen die Zeilen vor." Auch auf diese Weise zeige man Nächstenliebe. "Seien Sie füreinander da! Auch wenn man sich nicht besuchen kann, kann man den Kontakt halten. Werden Sie kreativ!"
Copyright (c) 2020 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 21.03.2020