Hersbrucker Bauausschuss hatte Gesamtplaner für die Spitalkirche zu Ortstermin eingeladen – Neue Erkenntnisse über Holzbemalung und Elisabeth-Altar
Seit einiger Zeit nimmt gleich eine ganze Horde an Experten das Hersbrucker "Schmuckkästchen", wie Bürgermeister Robert Ilg die Spitalkirche nennt, genauestens unter die Lupe: Bei den Voruntersuchungen zur Sanierung und Restaurierung des mittelalterlichen Gebäudes kamen neue, interessante Erkenntnisse zu Tage, die dem Bauausschuss des Stadtrates bei einem Ortstermin präsentiert wurden.
Wie Ilg eingangs erläuterte, lautete der Auftrag an Gesamtplaner und Architekt Hermann Keim, der auf Denkmalpflege spezialisiert ist, das Gotteshaus nicht nur statisch zu begutachten, sondern auch Baukonstruktion und Inventar zu prüfen. Dazu zog Keim neben Katrin Berger weitere Experten hinzu. Insgesamt schaut ein Team aus Architekten, Tragwerksplanern, Restauratoren für Raumschale und Holz, Experten für Skulpturen und Bildwerke sowie Robert Giersch für die Archivrecherche hinter die Geschichte und Substanz des Bauwerks, so Keim. Dessen Ergebnisse fasste er für den Bauausschuss zusammen, was mit einer kleinen Begehung des Kirchleins verbunden war. So gruppierte sich die Runde zunächst um den Elisabeth-Altar.
Die Archivrecherche von Giersch habe zu Tage gebracht, dass dieser und der Zwölf-Brüder-Altar, der heute in der Johanneskirche zu finden ist, einst zusammengestöpselt waren. Doch die Augsburger Restauratoren erkannten dies um 1900, trennten das zweistöckige Monstrum und mogelten Krönung und Figur am Elisabeth-Altar dazu, damit er komplett ist, berichtete Keim. Trotz Holzwurmschäden sei der Altar aber "in relativ gutem Zustand". Während Keim neue Forschungen über die Urheberschaft der Malereien noch nicht preisgeben durfte, wies er auf verbesserungsfähige Retuschen hin und auf die beiden Gesichter der Männer auf den geschlossenen Altarflügeln: Sie weisen unterschiedliche Linienzüge auf. Die des Linken seien feiner, der Rechte wirke, "als hätte er zu viel Bier getrunken", beschrieb Keim. Das käme von der Sonneneinstrahlung auf den Lack, die rechts aufgrund der Nähe zum Fenster intensiver sei. Keim empfahl daher einen Sonnenschutz.
Damit das Prunkstück der Kirche mehr Raum hat, hat man wohl bei einer der früheren Renovierungen die eine Empore zurückgebaut und den Aufgang von vorne nach hinten verlegt, ergänzte Keim. Sicher ist, dass die Emporen aus zwei verschiedenen Zeitschienen stammen.
Auch beim Altar im Chorraum sieht Keim Verbesserungspotenzial. "Die Schweinsnasen liegen an der Malerei", nannte er als Beispiel, wo man Hand anlegen könnte. Interessant ist, dass den Experten aufgefallen ist,dass der Altar leicht schräg steht – und zwar zur Orgel hin. Ungewöhnlich sei das nicht, so Keim, die Ausrichtung erfolge in Richtung einer "prominenten Figur", aber einen Kirchenpatron gab es in Hersbruck nicht. Warum dann?
"Für die Kranken", lautete die einfache Antwort. Sie sammelten sich im Bereich um die Orgel, denn dort unten stießen die Fachleute auf ein Gewölbe mit Heizofen, der wohl um 1900 eingebaut worden sein muss.
Perücke aus Haaren
Unbedingten Handlungsbedarf hat das Team um Keim bei der Stiftungsurkunde im linken Eck des Altarraums ausgemacht: "Das Pergament, wohl Goldschlägerhaut, ist sehr dünn und droht zu verschwinden." Ob man den gotischen Christus am Kreuz, der seiner Zeit entsprechend mit hervortretenden Adern "richtig tot" dargestellt wurde, restaurieren oder nur konservieren muss, ließ Keim offen. Das sei eine Frage des Geldes. Für ihn stehe aber fest, dass die Fassung,dieäußere Schicht,dieWirkung ruiniere. Zudem sei das Kreuz abgeschnitten worden, damit das Objekt Platz im Bogen hat.
Neue Info für die Stadträte war, dass der Christus früher eine Echthaarperücke getragen hat. "Wir haben Reste gefunden, können aber nicht sagen, ob von Ross oder Mensch." Aufgrund dieser Perücke sei die Dornenkrone abnehmbar gewesen, damit man die Haare hat frisieren können, erklärte Keim. Als diese dann aber weg waren, wurden die aktuellen Locken dazugebaut, die Krone befestigt.
Auch das Chorgestühl weckte das Interesse der Experten. Hier steht noch die Frage im Raum, ob es gotischen Ursprungs ist oder nur mit Ornamenten dieser Zeit verziert wurde. Aufmerksamen Beobachtern fiel auf, dass es sozusagen doppelstöckig ist – das erlaubte eine Sitz- und gemogelte Knieposition, fand man gemeinsam heraus.
Dann wanderte der Blick nach oben. Angelika Pflaum war aufgefallen, dass die Holzdecke den Spitzbogen leicht abschneide; auch die Orgel wird von den mächtigenBrettern verdeckt. Keim vermutet, dass diese Decke eingezogen wurde, sich darunter aber ein älteres Exemplar befindet, das mit dem Dachstuhl zusammenhängt. "Aber da müssen wir mit den Zimmerern draufschauen." In diesem Zusammenhang machte der Gesamtplaner klar, dass die jetzige Erscheinung der Spitalkirche aus den 80ern stamme: "Damals wurde das gesamte Holzwerk abgebeizt." Die Archivrecherche gibt jedoch Hinweise, dass das Holz erst in Rot, dann in Silber gestrichen und mit bunten Ornamenten versehen war."Dasist nicht mehr rekonstruierbar und daher haben wir uns darauf verständigt, dass das so bleiben soll, wie es jetzt ist", schloss Keim.
Was nun wann im Gotteshaus angepackt werden soll, das hofft Ilg bis Jahresende klären zu können. Dann sollen die Voruntersuchungen abgeschlossen sein und es soll eine Kostenschätzung geben. "Mit dieser können wir sehen, wie und was in welchen Abschnitten saniert werden kann", sagte Ilg über einen möglichen Zeitplan.
Copyright (c) 2018 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 02. 10. 2018